Teil VIII – Tristesse in der Oberliga Nordost-Nord

Teil VII – Zurück zu den Wurzeln, der GSC nach der WendeGeschichte

„Mir nichts, dir nichts“ wurde der, sich nun farblos, „Greifswalder SC e.V.“ nennende Verein erst in die gesamtdeutsche Dritt- und etwas später Viertklassigkeit zurückgestuft. Nur aufgrund unserer hervorragenden Jugendarbeit (1990 inoffizieller A-Jugend-DDR- Meister) konnte der Club überhaupt überleben. Lange Jahre waren wir nur Trainingszentrum für den FC Hansa Rostock, der sich unserer Talente ,,bemächtigen“ durfte (in der letzten Generation u.a.: Henry Fuchs, Hilmar Weilandt, Jens Dowe), jetzt konnte sich jeder noch so kleine Verein bedienen. Innerhalb der zwei Jahre nach der Wende verlor der GSC etliche Spieler an den Nordwesten der alten „BRD“, deren Verbandsligisten talentierten Fußballern eben eher die berufliche – manchmal auch sportliche – Perspektive bieten konnten als ein Verein aus dem äußersten Nordosten der Republik, der gerade seinen Trägerbetrieb verloren und durch fragwürdige DFB-Auflagen (300.000 DM für Zäune im Stadion) fast in den Ruin getrieben wurde.

Aufmerksam machen konnte die Macht aus Vorpommern“ noch mit der Teilnahme an der Deutschen Amateurmeisterschaft 1991/92 und des viermaligen Einzuges in den – jetzt so stark abgewerteten – DFB-Pokal (0:2 Pfeddersheim; 1:4 Gladbach; 4:1 Lübeck, 1:4 RW Essen; 0:3 Unterhaching). Gleichzeitig ging es aber immer weiter bergab mit dem GSC. Die NOFV Oberliga Nordost ist nicht gerade die interessanteste, hochwertigste Liga ,,seit Erfindung des runden Leders“. Die Langeweile erfasst und beherrscht uns doch ziemlich. Sicherlich sucht man sich als Fan neue Herausforderungen als Motivation. Zum Beispiel wollten wir versuchen, beste Amateurmannschaft „Mäc/Pom’s“, für Auswärtige „Mecklenburg-Vorpommerns“, zu bleiben. Leider macht uns die Mannschaft seit drei Jahren einen Strich durch diese Rechnung. Wir sind seit fünf Jahren nun auf Regionalliga-Verhinderungskurs“, da der GSC immer in der Spitze der Oberliga mitmischt, um dann rund drei Spieltage vor Saisonschluss (welch‘ Zufall!) einen sinnlosen. unauffälligen Punktverlust zu landen (0:1 Türkspor, 1:1 in Köpenick; 1:1 in Prenzlau) und den finanziell nicht machbaren (aber jedes Jahr wortreich angekündigten) Regionalliga-Aufstieg abzuwenden.

Auch durch dieses leicht durchschaubare Spielchen gingen die Zuschauerschnitte von Jahr zu Jahr (900->200) zurück. Der Landespokal war eine dieser künstlichen Hilfen, denn immerhin waren wir Seriensieger zwischen ’93 und ’96, schieden aber die letzten Jahre frühzeitig gegen Truppen wie Grün Gold Güstrow“, SV Warnemünde“ oder Hansas „Amateure“ aus.

Die Saison 1998/99 stand unter ganz anderen Vorzeichen als die letzten Jahre. Unsere komplette erfahrene Abwehrreihe suchte sich neue Vereine (Warnemünde, Magdeburg, Weitenhagen), und so ging es erst einmal, in unseren pessimistischsten Vorstellungen gegen den Abstieg. Ganz so schlimm wurde es zwar nicht, andererseits wäre es einmal etwas anderes. So artete die Schlagzeile der Berliner Fußballwoche Greifswald ist das Mittelfeld“ schon in eine Beschimpfung aus. Wir sind offenbar so etwas wie das Fortuna Köln der Oberliga“, und das ist schließlich nicht gerade ein Ruhmesblatt. Die Saison begann mit einigen wirklich grottenschlechten Testspielen, einer „normalen“ 1:6-Niederlage gegen den FC Hansa und einer unheimlich deutlichen 3:0-Schlappe beim Köpenicker SC. Das einzig Positive war das vertilgte Bauernfrühstück am Spielfeldrand, denn auf nüchternen Magen verträgt kein Mensch so eine miese Leistung seiner Truppe. In den darauffolgenden Spielen gab es einen bunten Mix überraschenden Auswärtssiegen (Zehlendorf/Reinickendorfer Füchse), deprimierenden Heimpunktverlusten (TeBe Amateure 0:1/Hertha/Schönberg/Hansa Amateure) und was es sonst noch so alles gibt in dieser Liga der „Traditionsmannschaften“. In der muss man ein Spiel gegen den ehemaligen Zweitligisten SC Charlottenburg schon als Klassiker einstufen, da sich GSC & SCC schon bald zehn Mal gegenüberstanden.

Auch gibt es in dieser Liga immer mehr dieser Unsympathen“, die entweder hoch- gekauft wurden wie der FC Schönberg 95, TSG Neustrelitz und nächstes Jahr Warnemünde oder aber solche mit „ekligen“ Fanszenen wie Eintracht Schwerin, wiederum Neustrelitz, neuerdings Brandenburg 05 und Herthas Amateuren. Dann gibt es noch die tollen Amateurvertretungen, die die Liga finanziell und sportlich beherrschen, aber weder Zuschauer noch echte Fans haben (TeBe heim drei – auswärts null; Hansa heim 20 auswärts null; Hertha heim 20 – auswärts zehn). Die sollen sich doch gefälligst eigene Ligen schaffen!

Support gibt es in dieser Liga eigentlich gar nicht mehr. Noch vor zwei Jahren haben wir ganze Spiele durchgesungen: von „Schwachsinnsgesängen“ über Volks- und Kampflieder bis hin zu richtigem Fußballsupport. Berühmt wurde unser Ha-Ho-He, Greifswalder SC“ durch die „Ideendiebe“ von Hertha. Aber damals hatten wir auch noch einen echten Fanblock mit bis zu 50 Leuten, 15 Auswärtsfahrern und Gegnern, die Fans und Namen besaßen wie 1. FC Magdeburg, Babelsberg 03, Rot-Weiß Essen, Gladbach, FC Hansa Amateure (toller Zehn-Mann-„Mob“ 1996) oder BFC Türkiyemspor Berlin.

Der GSC leidet an einer zunehmenden Vergreisung der Fanszene. Denn die Mitglieder des Fanclubs „Die Zehn“ (geht auf eine „Ente“ in der Lokalpresse zurück, dass wir immer mit zehn Mann auswärts dabei sind) gehen alle auf die 30 zu, und der Altersschnitt im Stadion beträgt bestimmt (ohne Spieler) 50 Lenze. Wenigstens können wir durch unsere Anzahl an Fans (drei bis 15) und Fahnen (zwei bis fünf) für Aufmerksamkeit sorgen, wenn wir schon nur noch selten die Stimmbänder strapazieren oder mit anderen Aktionen (Tapete bei Hansas Amateuren Freiheit für Vorpommern! – GSC“) Aufsehen erregen.

Wir müssen einmal sehen, ob der GSC bei der in der nächsten Saison anstehenden. unnötigen Regionalligareform um eine weitere Herabstufung nach 1991 (Wende) und 94 (Regionalliga um einen Platz verpasst) herumkommt. Der diesjährige sechste Platz würde ausreichen, aber dagegen sprechen die Aufrüstung etlicher anderer Vereine und die Ungewissheit über unsere Ab- (zwei Stammspieler) und Zugänge, die sicherlich hauptsächlich aus der A-Jugend kommen.

Gregor Schriffert – in Gernot Speck: Fanzine 99, Seite: 82-85